Warum Wahrheit so wichtig ist.
Wir alle kennen das Gebot: „Du sollst nicht lügen.“ Wissenschaftliche Untersuchungen dagegen haben festgestellt, dass die Spanne, wie oft Menschen zur Lüge greifen, groß ist. Sie reicht von etwa 1-2 Lügen pro Tag bis hin zu sogar 200-mal täglich. Eine Notlüge halten die meisten für verzeihlich.
Aber warum dann überhaupt noch die Wahrheit sagen? – Weil die Lüge mit ihrem Willen zur Täuschung zu verheerenden Konsequenzen führt. Wer lügt, der bildet grundsätzlich eine zweite, falsche Wirklichkeit neben der tatsächlichen Wirklichkeit. Wer lügt, hat sozusagen zwei Herzen in der Brust. Er ist mit sich uneins und darin besteht die große Gefahr der Lüge. Sie täuscht nicht nur den anderen eine falsche Wirklichkeit vor. Wer lügt, belügt sich zuletzt selbst, bis dahin, nicht mehr unterscheiden zu können, was Wahrheit und was Lüge ist. Dann bleibt nur noch eine undeutliche Ahnung, dass irgendetwas nicht recht stimmt: ein Gefühl, das nicht zur Ruhe kommen lässt.
Wer nicht ehrlich zu sich selbst ist, der lebt ein orientierungsloses und unruhiges Leben – belastet und getrieben von schlechtem Gewissen und Angst. In der alltäglichen Betriebsamkeit übersehen das viele und verdrängen dieses undeutliche Gefühl. In der Stille aber ergreift sie Panik und die Angst davor, am Leben vorbei gelebt zu haben.
Jesus weiß, dass niemand sich selbst aus der Lüge zurückrufen kann. Deshalb sagt er: „Kommt alle zu mir, ihr Mühseligen und Beladenen; ich will euch Ruhe verschaffen.“ Und er lässt es nicht dabei, Ruhe nur zuzusagen. Er zeigt auch, wie es geht, zur Ruhe zu kommen: „Lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“ Ich kann lernen, sanftmütig und demütig zu sein, weil es Jesus selbst möglich gemacht hat.
„Sanft“ kommt ursprünglich von „sammeln“. Wer sanftmütig ist, hat den Mut, sich zu sammeln: Alles, was in ihm lebt und gelebt hat. Nichts ausblenden und nichts verdrängen, nicht davonlaufen, sondern mich mit allem, was ich bin und war, annehmen wie ich bin. Mir selbst und meiner Situation geradewegs in die Augen schauen. Wer sich selbst in dieser Weise liebend annimmt, wer sanftmütig zu sich selbst ist, der bekommt ein weites Herz auch für andere.
Ähnliches meint auch „demütig“. Im Gegensatz zu Hochmut und Arroganz hat Demut den Mut, hinabzusteigen in die Wirklichkeit des eigenen Lebens. Wer demütig ist, hat den Mut auch angesichts der Ängste und Sorgen mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Wirklichkeit zu stehen. Denn er weiß: Meine Wirklichkeit ist von Gott durchschaut und angenommen – deshalb kann ich sie auch annehmen.
„Nehmt mein Joch auf euch, denn mein Joch ist sanft und ist leicht,“ fährt Jesus fort. Er legt mir keine Bürde und keine Last auf. Sein Weg ist ein leichter. Aber dieser Weg führt nur durch die Wahrheit, das mutige Annehmen dessen, was ist und so wie es ist. Dieses Annehmen bedeutet, in der Wahrheit zu sein und wahrhaftig zu sein. So zu sein, wie ich bin, ohne Widerstände, ohne Erschrecken vor mir selbst, ohne jemand anderes sein zu wollen, als nur der der ich bin. Das führt zu Zufriedenheit und Ruhe.
„Die Wahrheit wird euch frei machen.“ Sie wird mich zur Ruhe bringen, weil sie der Mut zu mir selbst ist. In diesem Sinne sagt Jesus von sich selbst: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Der Weg nämlich, der durch die Wahrheit zum wahren Leben führt. Haben wir den Mut, diesen Weg zu gehen.
Andreas Bader, Pastor