Zufriedenheit gibt es nicht als Fertiggericht.
Es ist schöner, wenn man sich so rundherum glücklich und zufrieden fühlt. Wenn man die Dinge in vollen Zügen genießen kann. Alle Menschen sehnen sich nach solchen Augenblicken. Am liebsten würden sie diese auf Dauer stellen. Natürlich wissen auch alle, dass das Schöne vergeht. Aber mit solchem Verschwinden kann nicht jede umgehen.
Viele versuchen sich das das Leben schön zu machen, sich schöne Momente zu bereiten, im Urlaub, bei Partys, auch indem sie sich etwas Besonderes gönnen oder einkaufen. Die Zufriedenheit hält möglicherweise für den einen oder anderen Augenblick an. Aber bald müssen sie feststellen, dass auch dieses Schöne vergeht. Dann entbrennt die Sehnsucht nach dem nächsten Schönen von Neuem. Das kann man schon so machen. Aber was ist denn mit der Lebenszeit, die dazwischen liegt? Nur Augen zu und durch? Hauptsache, es ist bald vorbei! – Verschenke ich damit nicht einen großen Teil meines Lebens?
Kann ich mich mit Dingen zufriedengeben, die nicht so schön sind? Oder geht das gar nicht? Sind Zufriedenheit und die Durststrecken des Lebens ein grundsätzlicher Widerspruch? Ist es unmöglich, dass sie gleichzeitig da sind?
Epiktet weist auf diese Widersprüchlichkeit bei den meisten Menschen hin und sagt: »Zeig mir mal einen, der krank ist und glücklich, der bedroht ist und glücklich, der stirbt und zufrieden ist, einen, der ausgestoßen ist und zugleich glücklich, einen, der verachtet wird und zugleich zufrieden ist.«
Es bleibt allerdings beim Widerspruch, wenn ich mich auf die äußeren Gegebenheiten fixiere und mich von anderen Menschen abhängig mache. Aber Zufriedenheit und Unzufriedenheit werden eben weder von den Dingen verursacht noch von anderen Menschen. Sie liegen an meiner Bewertung, Erwartung und meinen Vorstellungen. Niemand kann verhindern oder herbeiführen, was geschieht. Aber jede hat die Möglichkeit, das Geschehen anders zu bewerten, die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen und sich so mit dem, was ist, zufrieden zu geben. Jeder hat die Möglichkeit, den inneren Frieden geschehen zu lassen.
Für Paulus ist auch das Leben der Christen unvermeidlich durch Belastungen und Bedrohungen geprägt. Aber im Vertrauen auf Christus ist das eben nicht mehr alles. Es bleibt äußerlich: »Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um.« (2. Kor. 4,8f.). Im Vertrauen ist Leben möglich trotz »großer Geduld, in Depressionen, in Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Mühen…« In diesem Vertrauen werde ich vielleicht »verkannt und bin doch anerkannt. Ich bin ein Sterbender und doch lebe ich. Ich werde misshandelt und doch komme ich nicht um. Ich erlebe Kummer und bin doch immer fröhlich. Ich bin arm wie ein Bettler und mache doch viele reich. Ich besitze nichts und habe doch alles.« (2. Kor. 6, 9ff.). Diese innere Zufriedenheit trotz möglicher widriger Umstände ist allerdings kein dauerhafter Zustand. Paulus weiß, dass er es »nicht schon ergriffen hat«, sondern diesem Ziel andauernd nachjagen muss. (Phil. 3, 12)
Zufriedenheit ist kein Fertiggericht, das nicht mehr zubereitet werden müsste. Es muss ständig neu »gekocht« werden. Meine eigene notwendige Zutat ist, mich von Erwartungen und Bewertungen zu distanzieren. Ich muss loslassen üben, es reicht nicht, es ab und an zu tun. Das Loslassen bedeutet den Schritt ins Vertrauen. Loslassen ist, sich Christus zuwenden und anheimgeben. So ist es möglich, auch in unangenehmen Situationen, in Bedrohung und Ängsten innerlich in Frieden, also zu-Frieden zu sein und sich mit den Dingen zufrieden zu geben – auch wenn es in extremen Lagen schwerer fällt als in alltäglichen.
Andreas Bader, Pastor