Wie wir mit Menschen umgehen können, die es uns schwer machen.
Es kommt wieder und wieder vor, dass man Menschen begegnet, die einem nicht wohlgesonnen sind, mit denen umzugehen schwer ist. Man empfindet nicht nur Widerstand und Spannung in der Beziehung, sondern fühlt sich angegriffen, verletzt, missachtet oder gar misshandelt. Wie mit solchen Begegnungen umgehen?
Wie wäre es, wenn ich mich beim nächsten Mal, wenn jemand gemein zu mir ist, nicht nur zurückhalte, sondern mit reiner Güte und Freundlichkeit reagiere? Wenn ich mich nicht abgrenze und eine Mauer um mich herum errichte, um mich vor Angriff und Verletzung zu schützen, sondern offen und zugewandt bleibe? Wenn ich die Beziehung nicht einfach abbreche, weil die Verletzung zu stark war?
Eine Liedstrophe aus dem Evangelischen Gesangbuch rät, dies nicht zu tun: Sondern »schreckt dich der Menschen Widerstand, bleib ihnen dennoch zugewandt! (EG 56, 5) Kündige die Gemeinschaft mit dem anderen nicht auf, wenn Spannungen und Konflikte auftauchen.
Der römische Kaiser Marc Aurel, zugleich ein philosophisch gebildeter Mann, war überzeugt, dass es gerade in den Begegnungen mit schwierigen Menschen von großer Wichtigkeit ist, mit Güte zu reagieren. Entscheidend bleibt dabei immer »echt« und aufrichtig zu bleiben, nicht etwa Freundlichkeit nur vorzutäuschen. Denn eine »Güte ist unbesiegbar, aber nur, wenn sie ehrlich und nicht mit falschem Lächeln oder geheuchelt daherkommt. Was kann dir selbst der gemeinste Mensch antun, wenn du freundlich bleibst? Wenn du ihm mit wahrhafter Güte begegnest und ihn – so es sich ergibt – ruhig belehrst, gerade wenn er dir etwas Böses will?«
Die Haltung wahrhafter Freundlichkeit und Güte im Umgang mit schwierigen und selbst gegenüber feindseligen Menschen fordert auch Jesus, wenn er dazu aufruft, sogar seine Feinde zu lieben: »Liebt eure Feinde, tut denen Gutes, die euch hassen.« (Lk. 6,27). Denn mit einer solchen vorbehaltlosen Freundlichkeit »zeigt ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel«. Damit trete ich aus dem Kreislauf von »Auge und Auge, Zahn um Zahn« heraus. Denn die erwartete Reaktion auf Abneigung oder gar Hass ist noch mehr Hass. Wer mir gegenüber eine spitze Bemerkung macht oder gemein zu mir ist, rechnet mit etwas Ähnlichem als Antwort, aber nicht mit meiner Freundlichkeit. Es ist ein Schock im System seiner Erwartungen. Es ist als sammelte ich »glühende Kohlen auf sein Haupt.« (Spr. 25, 22)
Vielleicht ist das so, hinter Unhöflichkeit, Gemeinheit und Grausamkeit verbirgt sich oft eine tiefgreifende Schwäche. Mit echter Freundlichkeit und Güte aber zeige ich mich als Kind Gottes, der mir Halt und Festigkeit im Leben gibt. In solchen Situationen gütig zu reagieren, braucht solches Gefestigt-Sein. Ich brauche Gott, der in mir lebt, mir den Rücken stärkt und mir Rückgrat gibt.
Wie wäre es also, wenn ich beim nächsten Mal, wenn jemand unhöflich, gemein oder verletzend zu mir ist, nicht gleich zurückschlage, sondern mit aufrichtiger Freundlichkeit und Güte antworte. Es würde den anderen nicht nur beschämen und in Verlegenheit bringen, sondern mich als Kind meines Gottes zeigen. Es würde die Gemeinschaft miteinander nicht aufkündigen. Es würde die Beziehung zum anderen aufrechterhalten. Und darauf sind wir alle miteinander angewiesen.
Andreas Bader, Pastor
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